Thomas Ruff

tableau chinois_17, 2020

tableau chinois_17 basiert auf einer historischen Propagandafotografie, wie sie charakteristisch für die visuelle Kultur und Bildsprache der Volksrepublik China im 20. Jahrhundert ist. Die Szene zeigt eine Figur in beinahe poetischer Ruhe – sitzend vor einem weit geöffneten Himmel –, ein Motiv, das Harmonie, Gelassenheit und Einheit zwischen Mensch, Landschaft und gesellschaftlicher Vision vermitteln sollte.

Thomas Ruff greift dieses stark codierte, analog entstandene Bild auf und überführt es durch digitale Fragmentierung in eine zeitgenössische ästhetische Sprache. Die pixelhafte Überlagerung wirkt nicht als Entwertung, sondern als bewusst gesetzte Irritation: Sie öffnet das Motiv für neue Lesarten und macht sichtbar, wie historische Fotografien – gleich welcher kulturellen Herkunft – ihre Wirkung durch technische und zeitliche Distanz verändern.

So entsteht ein spannungsreiches Zusammenspiel aus Vergangenheit und Gegenwart, analogem Ursprungsbild und digitaler Transformation. Die ruhige, idyllische Szenerie bildet einen feinen Kontrapunkt zu den heutigen globalen Dynamiken, ohne eine direkte politische Aussage zu treffen. tableau chinois_17 reflektiert vielmehr, wie Bilder kulturelle Vorstellungen prägen und wie sich ihre Bedeutung wandelt, sobald sie in einen neuen technologischen und internationalen Kontext überführt werden.

  • Chromogenic print with Diasec

  • 239 × 184cm

    94 1/8 x 72 1/2 x 2 3/4 inches

  • Edition 1 of 4, 1 AP

Sterne 11h 12m/-35°, 1989

Mit seiner Serie Sterne löst Thomas Ruff die Fotografie radikal von persönlicher Handschrift und individueller Perspektive. Statt selbst in den Himmel zu schauen, arbeitet er mit wissenschaftlichen Aufnahmen aus Observatorien – Bilder, die ursprünglich für astronomische Forschung entstanden sind. Durch diese Übernahme verschiebt Ruff die Fotografie vom subjektiven Blick hin zu einem neutralen, technischen Sehen.

Sterne 11h 12m / –35° zeigt einen Ausschnitt des Nachthimmels, dessen Koordinaten sich präzise astronomisch bestimmen lassen. Die unzähligen Lichtpunkte erscheinen gleichwertig, fast anonym. Es ist ein Blick ohne Zentrum, ohne Hierarchie, ohne Erzählung – ein Gegenbild zur traditionellen Sternenfotografie, die das Erhabene oder Romantische betont.

Ruff überführt diese wissenschaftlichen Datenbilder in den Kontext der Kunst und macht sichtbar, wie stark unsere Wahrnehmung von Bildern an kulturelle Erwartungen gebunden ist. Was als nüchternes Messinstrument begann, wird durch den musealen Maßstab ästhetisch aufgeladen. Die Distanz zwischen kosmischer Realität und menschlicher Vorstellungskraft tritt hervor: Der Himmel bleibt unendlich, aber das Bild ist immer begrenzt.

Die Arbeit verhandelt damit grundlegende Fragen nach Objektivität, Wahrnehmung und dem Verhältnis zwischen Information und Imagination. Sterne 11h 12m / –35° ist weniger eine Abbildung des Universums als eine Einladung, die Grenzen unseres Sehens neu zu denken.

  • Chromogenic print, face-mounted to Plexiglas, printed 2008

  • Image: 200.5 x 133.7 cm (78 7/8 x 52 5/8 in.)

    Frame: 258.5 x 186.2 cm (101 3/4 x 73 1/4 in.)

  • Edition, Signed, titled, dated and numbered 2/2 in pencil on the reverse of the frame.

neg◊india_16, 2014

  • negative C-print

  • 29,4 x 22,4 cm

  • Edition 1/8

neg◊india_19, 2014

  • negative C-print

  • 29,4 x 22,4 cm

  • Edition 1/8