Norbert Bisky
Colorist, 2010
“Die Arbeit "Colorist" aus dem Jahr 2010 steht eher in der Bildtradition Biskys früherer Arbeiten, die häufig glückliche und wohlbehaltene Männer mit gesunden Gesichtsfarben zeigen. Nach den frühen Arbeiten Biskys - oft ein sozialistisches Ideal in hellen, fröhlichen Farben stilisierend - folgt eine Werkphase mit brutalen und grausamen Bildinhalten. Das Werk "Colorist" erscheint wie ein Bindeglied dieser beiden Werkphasen. Das eigentlich hell und offen konzipierte Bild unterlegt Bisky durch winzige Details mit einer gewissen melancholischen Schwere. Die aus dem Mundwinkel herauslaufende Farbe erweckt den Eindruck eines besiegten Künstlers, welcher auch in seinen letzten Zügen den Pinsel nicht aus der Hand legt. Das in die Ferne blickende Gesicht wirkt weniger schwärmend als ohnmächtig und die Haltung der Arme scheint eher von Erschöpfung als von Entspannung herzurühren. Biskys Liebe zum Detail wird auch deutlich, wenn man dem Pinsel Aufmerksamkeit schenkt. Farbspuren von blauer und grüner Farbe erwecken den Eindruck, als habe die abgebildete Person selbst den Unter- und Hintergrund gemalt vor welchem sie dargestellt ist. Der laute und deutliche Apell des Bildes ist die eigene Umwelt, ja die eigene Realität, in die eigenen Hände zu nehmen und selbst zu gestalten.
Zurecht wird Norbert Bisky als einer der wichtigsten deutschen Künstler der Gegenwart bezeichnet. Es sind Werke wie "Colorist", die mit ihrer einzigartigen Ästhetik und nur scheinbaren Einfachheit auf einer Vielzahl von Deutungsebenen die Gattung der figurativen Malerei nach der Jahrtausendwende entscheidend geprägt haben.”
Text: Van Ham
Painting the conflict, 2015
Painting the Conflict entstand 2015 während eines längeren Atelieraufenthalts in Tel Aviv, wo Norbert Bisky das Studio des Künstlers Erez Israeli übernahm. Die politisch angespannte Atmosphäre der Stadt, die Präsenz von Medienbildern, Demonstrationen und alltäglicher Unsicherheit hinterließen deutliche Spuren in dieser Werkgruppe.
Vor diesem Hintergrund zeigt das Bild eine Figur, die zugleich Demonstrant, Aktivist und Maler sein könnte. Mit erhobenen Armen – in der einen Hand ein Pinsel, in der anderen eine Farbdose – steht sie vor einer massiven Rauchwolke über einer urbanen Skyline. Die Pose wirkt kraftvoll und theatral, aber auch wie ein Moment, der aus einer komplexen, widersprüchlichen Situation herausgerissen ist. Der Titel deutet an, dass hier „der Konflikt“ gemalt wird – oder dass jemand versucht, die Realität um sich herum künstlerisch zu begreifen.
Der Pinsel fungiert dabei als ambivalentes Werkzeug: Er kann kommentieren, dokumentieren oder ästhetisieren. Bisky reflektiert damit die Macht visueller Darstellung in Zeiten, in denen Konflikte ständig über Bilder vermittelt werden – ob durch Kunst, Medien oder soziale Netzwerke. Die Figur wirkt gleichzeitig stark und verletzlich, gefangen in einem Spannungsfeld aus Schönheit, Bedrohung und Inszenierung.
Mit seiner leuchtenden Farbigkeit und der gleichzeitigen Schwere der Szene zeigt Painting the Conflict, wie Bisky ästhetische Attraktion und inhaltliche Unruhe miteinander verschränkt. Das Werk ist keine eindimensionale Stellungnahme, sondern eine Reflexion darüber, wie Wirklichkeit geformt wird – und darüber, dass jeder Versuch, Konflikte darzustellen, selbst Teil dieser Wirklichkeit wird.
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Öl auf Leinwand
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150 × 198 cm ( 59 × 78 in.)
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Unikat
Pascal, 2022
Der Titel Pascal spielt bewusst mit seiner doppelten Bedeutung: einem verbreiteten Vornamen – und der physikalischen Einheit für Druck (Pa), die Kraft pro Fläche misst und innere Spannung beschreibt. Genau diese Vorstellung von aufgestautem Druck spiegelt sich in der Darstellung wider: Das Gesicht des jungen Mannes ist zu einem Schrei verzerrt, die Muskeln angespannt, die Augen geschlossen, als würde sich emotionale Energie mit körperlicher Wucht entladen.
Der offene Mund scheint Farbe förmlich nach außen zu schleudern. Bisky lässt die Figur in einem Strudel aus Farbsplittern, Partikeln und fragmentierten Formen explodieren. Die Komposition vermittelt das Gefühl, dass die Figur nicht nur von Farbe umgeben ist, sondern selbst auseinanderbricht und sich gleichzeitig neu zusammensetzt – ein Zustand zwischen Überlastung, Ausdruckswillen und Befreiung.
Pascal verbindet körperliche Intensität mit abstrakter Farbenergie und zeigt Biskys Fähigkeit, menschliche Emotionen in eine visuell überbordende, zugleich präzise aufgebaute Bildwelt zu übersetzen. Es ist ein Werk, das nicht nur Spannung thematisiert, sondern sie auch physisch spürbar macht.
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Übermalter Print
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40 × 30 cm
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Edition of 464
In Support of Ukraine-Hilfe Berlin e.V. & Save the Children
Stadtrand, 2020
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oil on paper
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30 × 40 cm
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Unikat
Elf, 2020
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oil on paper, framed
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30 × 40 cm
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Unikat