Gerhard Richter

Betty, 1991

Betty zählt zu den ikonischsten Werken Gerhard Richters und zeigt seine damals jugendliche Tochter. Die Darstellung ist ungewöhnlich: Anstatt ihr Gesicht frontal zu präsentieren, wendet sie sich ab. Die Bewegung wirkt beiläufig und intim – und genau diese Verweigerung des direkten Blickkontakts macht das Werk so eindrucksvoll.

Richter bricht mit der Erwartung eines klassischen Porträts. Das Bild zeigt Nähe, ohne sie auszustellen; Persönlichkeit, ohne sie zu definieren. Die abgewandte Haltung verwandelt die vertraute Beziehung zwischen Vater, Tochter und Betrachter in ein Spiel aus Distanz, Schutz und Geheimnis.

Die charakteristische Weichzeichnung, die für Richters fotorealistische Phase typisch ist, lässt die Oberfläche wie ein unscharfes Erinnerungsbild erscheinen. Nicht der Moment selbst steht im Vordergrund, sondern die Art, wie Erinnerung sichtbar wird – brüchig, vage, fragmentarisch.

Der florale Stoff der Jacke bildet ein kraftvolles visuelles Gegengewicht zum dunklen Hintergrund. Er macht das Bild körperlich spürbar, während der abgewandte Blick etwas Unzugängliches bewahrt. So verschränkt Betty persönliche Intimität mit einer konzeptuellen Auseinandersetzung über die Bedingungen von Wahrnehmung und Darstellung.

  • Colour offset print, in artist's frame

  • image: 38 x 26in. (96.5 x 66cm.)

    overall: 50 3/8 x 40in. (128 x 101.5cm.

  • Executed in 1991, this work is number seventeen from an edition of twenty-five, plus five artist's proofs

    Signed, numbered and dated 'Richter, 1991 17/25' (on the backing board)

Frau mit Kind, 2005

Frau mit Kind gehört zu jenen Werken, in denen Gerhard Richter die Grenzen zwischen Fotografie und Malerei in besonderer Intensität verschiebt. Die schwarz-weiße Darstellung wirkt wie ein gefundenes, verwischtes Erinnerungsbild – ein Moment großer Nähe, der sich zugleich entzieht. Die horizontale Verwischung ist dabei nicht nur ein stilistisches Mittel, sondern eine Reflexion über Wahrnehmung und Erinnerung: Was vertraut scheint, löst sich zugleich auf.

Richter überträgt eine fotografische Vorlage in die Malerei, doch statt Klarheit herzustellen, erzeugt er Unschärfe und Bewegung. Gesichter und Körperkonturen bleiben nur angedeutet, als würde sich der Moment unter der Fläche des Bildes bewegen. Die intime Szene – eine schützende Geste, ein körperlicher Halt – wird damit zu einem Bild über das Flüchtige und über die Unzuverlässigkeit dessen, was wir zu erinnern glauben.

Frau mit Kind verbindet emotionale Wirkung mit konzeptueller Präzision. Das Werk zeigt Geborgenheit, ohne sie eindeutig festzuschreiben, und berührt gerade durch seine Zurückhaltung. Richter verwandelt einen privaten Augenblick in eine stille Meditation über Sichtbarkeit, Nähe und das, was Bilder zu bewahren suchen – und was ihnen trotz aller Anstrengung immer entgleitet.

  • Frequency modulated offset print in colors, on whitecardboard, 2005, signed and dated in pencil

  • Image: 51 x 431⁄4 in. (1295 x 1200 mm.)

    Sheet: 603⁄4 x 511⁄8 in. (1543 x 1300 mm.)

  • Numbered 20/32 (there were also eight in Roman numerals)

    Published by Joseph Heni, G.F., London